Das

Regge – Kalkül

Einleitung

Die Beschreibung der Gravitation durch die Allgemeinen Relativitätstheorie(ART, 1916) von Albert Einstein sagt ein neues Phänomen voraus, welches bisher noch nicht direkt nachgewiesen werden konnte: Gravitationswellen. Seitdem Hulse und Taylor 1974 diese bereits indirekt nachwiesen, indem sie die Umlaufzeiten eines Neutronenstern-Systems mit den Vorhersagen der ART verglichen, gibt es nur noch wenig Zweifel an deren Existenz. Bisher wurden bereits einige terrestrische Detektoren nach dem Prinzip des Michelson-Interferometers gebaut.



Blick auf das GEO600, ein terrestrischer Detektor in der Nähe von Hannover.


Der geplante extraterrestrische Detektor LISA.


Die Verkürzung und Verlängerung der Armlängen des Interferometers durch die Welle würde einen direkten Nachweis gestatten. Leider sind die Wellen so schwach, dass man hauptsächlich Rauschen und Störungen registriert. Über stochastische Methoden könnte man dennoch aus diesem Rauschen heraus eine Gravitationswelle identifizieren, wenn bereits vorher die Form dieser bekannt wäre. Es zeigt sich jedoch, dass gerade die für messbare Gravitationswellen infrage kommenden astrophysikalischen Phänomene, wie das Verschmelzen zweier schwarzer Löcher, nicht analytisch exakt im Rahmen der ART gelöst werden können. Deshalb bedient man sich numerischer Methoden, die das Problem zumindest näherungsweise lösen.

Im Rahmen des Sonderforschungsbereiches Transregio 7, Gravitationswellenastronomie (SFB/TR7) existieren bereits einige numerische Codes (BAM, OpenGR, ...) die Wellenformen vorhersagen können. Sie basieren gewöhnlich auf Finiten Differenzen höherer Ordnung. Um die Funktionsweise dieser Codes zu bestätigen, zu analysieren und weiterzuentwickeln sucht man auch nach anderen numerischen Methoden. Eine dieser alternativen Methoden ist das Regge-Kalkül[1].

Das Kalkül

Anstatt die Gravitation durch einen kontinuierlich gekrümmten Raum mittels der Metrik zu beschreiben, zerlegt das Regge-Kalkül die Raumzeit in flache, also nicht gekrümmte, Simplizes, die an den Berührungsflächen der Kodimension 2, den Dreiecken, einen sogenannten Defektwinkel einschließen.

Zweidimensionales Beispiel: Abgerollter Ikosaeder mit Defektwinkel an Elementen der Kodimension 2 – den Punkten:



Ein Ikosaeder – Die Oberfläche ist eine 2d-gekrümmte Fläche und eine (sehr grobe) Näherung der Kugeloberfläche.


Beim Abrollen der Ikosaeder-Oberfläche enstehen Defektwinkel.


Man ersetzt also die kontinuierliche Metrik, die an jedem Punkt gegeben ist, durch Defektwinkel zu jedem einzelnen Dreieck der Simplexzerlegung. Durch diese Näherung kann man aus der Einstein-Hilbert-Wirkung des Kontinuums eine diskrete Regge-Wirkung exakt herleiten.




Hierbei bezeichnet A den Flächeninhalt des Dreiecks und Epsilon den dazugehörigen Defektwinkel.

Variiert man diese Wirkung nach den Kantenlängenquadraten (man nimmt das Quadrat, damit die Größen reel sind), erhält man ein nichtlineares Gleichungssystem. Die Unbekannten sind sämtliche innere Kanten und jede innere Kante liefert genau eine Gleichung. Die äußeren Kanten auf dem Rand werden hingegen alle vorgegeben. Das entstehende System ist dann quadratisch. Ein Newton-Verfahren kann dieses Gleichungssystem lösen.




Prinzipiell funktioniert das Verfahren. Jedoch erhält man für recht grobe Simplexzerlegungen bereits sehr große Systeme. Eine andere Idee besteht darin, die Lösung zwischen zwei Hyperebenen vorzugeben und dann die Simplexzerlegung nach und nach durch neue Simplizes in eine bestimmte Richtung (Zeit oder Raum) zu erweitern. Diese erstmals von Sorkin [2] 1974 vorgeschlagene Methode reduziert die Dimension des zu lösenden Gleichungssystems auf 15. Weiterhin sind nicht alle Kantenlängenquadrate unabhängig. Vier Kanten müssen pro Punkt vorgegeben werden, um diesen neuen Punkt zu fixieren (Lapse- & Shift-Bedingungen). Aus dem resultierenden 15x11-System lassen sich noch vier Gleichungen streichen, wenn man einigen Publikationen (z.B. [3], [4] ) zufolge annimmt, dass vier Gleichungen pro Punkt einer simplizialen Bianchi-Identität entsprechen. Damit ergibt sich ein quadratisches System der Dimension 11.


Zweidimensionales Beispiel der Erweiterung der Simplexstruktur mit Kommentar für den vierdimensionalen Fall



Ein neuer Punkt wird eingefügt...


... und die zugehörigen Kanten, Dreiecke, Tetraeder und Simplizes.


Ein quadratisches 15x15 - GLS entsteht.


Jedoch müssen einige Kanten festgelegt werden, sonst wäre der Punkt nicht fixiert.


Es entsteht ein 15x11-System oder unter Berücksichtigung einer simplizialen Bianchi-Identität ein 11x11-System.


Je nach Simplexzerlegung (siehe u.a. [3], [4] ) lassen sich durch dieses Verfahren die Punkte in vier bis acht Klassen einteilen, wobei Punkte aus derselben Klasse parallel behandelt werden können.

Ziel

Ziel der Forschungsarbeit ist es, die beschriebene Methode stabil in Zeitrichtung für relevante astrophysikalische Phänomene, wie sich einspiralende schwarze Löcher, anzuwenden. In der aktuellen Entwicklung dienen bekannte analytische Lösungen als Vergleich (Kasner-Universum, Schwarzschild, Flacher Raum). Sämtliche Berechnungen werden voll vierdimensional ohne Einbeziehung von Symmetrien durchgeführt.


Referenzen

[1] Tulio Regge. General Relativity without Coordinates. Nuovo Cimento Vol XIX N. 3 (1961).

[2] Rafael. D. Sorkin. Development of Simplectic Methods for the Metrical and Electromagnetic Fields. PhD thesis (1974).

[3] Mark C. Galassi. Lattice Geometrodynamics. PhD thesis (1992).

[4] Adrian P. Gentle, Warner A. Miller. A fully (3+1)-D Regge calculus model of the Kasner cosmology. arXiv:gr-qc/9706034v2 (1998).